Der IT-Leiter kündigt. Überraschend. In zwei Wochen ist er weg. Die Geschäftsführung schaut sich um und fragt: “Wer macht jetzt die IT?”

So oder ähnlich beginnen viele meiner Einsätze als Interims-IT-Leiter. Aber ist ein externer IT-Chef auf Zeit wirklich die Lösung – oder nur ein teurer Notnagel?

Was macht ein Interims-IT-Leiter eigentlich?

Kurz gesagt: Alles, was ein festangestellter IT-Leiter macht – nur ohne die Einarbeitungszeit und den Luxus, erstmal “anzukommen”.

Die typischen Aufgaben:

  • Führung des IT-Teams (falls vorhanden)
  • Ansprechpartner für Geschäftsführung und Fachabteilungen
  • Strategische IT-Planung und Budgetierung
  • Vendor-Management (Dienstleister, Lizenzen, Verträge)
  • Sicherstellung des IT-Betriebs
  • Krisenmanagement, wenn es brennt

Der Unterschied zum Festangestellten: Ein Interims-Manager muss vom ersten Tag an liefern. Es gibt keine Probezeit, keine Schonfrist. Entweder es funktioniert – oder nicht.

Wann macht Interims-IT-Leitung Sinn?

Aus meiner Erfahrung gibt es sechs klassische Situationen:

1. Der überraschende Abgang

Der IT-Leiter geht, aber die Nachfolge ist nicht geklärt. Recruiting dauert Monate, der Betrieb läuft weiter. Hier überbrückt ein Interim die Zeit.

2. Die strategische Neuausrichtung

Das Unternehmen will die IT modernisieren, digitalisieren, neu aufstellen. Das interne Team ist operativ gebunden. Ein Interim bringt frische Perspektive und Kapazität.

3. Die kritische Projektphase

ERP-Einführung, Cloud-Migration, Merger – große Projekte brauchen manchmal temporär mehr Management-Power als vorhanden ist.

4. Die Führungslücke

Der IT-Leiter ist langfristig krank oder in Elternzeit. Das Team braucht Führung, aber eine Festanstellung macht keinen Sinn.

5. Die erste IT-Leitung

Das Unternehmen ist gewachsen, die IT wurde “nebenbei” gemacht. Jetzt braucht es Struktur – aber man weiß noch nicht genau, was für einen IT-Chef man sucht.

6. Die Restrukturierung

IT-Abteilung muss verkleinert, zusammengelegt oder ausgelagert werden. Schwieriges Thema – manchmal ist ein neutraler Externer der bessere Überbringer.

Was kostet ein Interims-IT-Leiter?

Ehrliche Antwort: Mehr als ein Festangestellter – auf dem Papier.

Die typische Tagessatzspanne für IT-Interim-Management liegt bei 800 bis 1.500 EUR, abhängig von:

  • Unternehmensgröße und Komplexität
  • Geforderte Verfügbarkeit
  • Spezielle Anforderungen (Security, M&A, etc.)
  • Region und Marktlage

Die Rechnung, die oft vergessen wird:

Posten Festanstellung Interim
Gehalt/Honorar 120.000 EUR/Jahr 150.000 EUR/Jahr
Recruiting 30.000 EUR 0 EUR
Einarbeitung 3-6 Monate Produktivitätsverlust 1-2 Wochen
Nebenkosten +30% 0 EUR
Kündigungsfrist 6 Monate 4 Wochen
Abfindung bei Fehlbesetzung 50.000+ EUR 0 EUR

Plötzlich sieht die “teure” Interim-Lösung gar nicht mehr so teuer aus.

Die häufigsten Bedenken – und meine Erfahrung dazu

“Der versteht unsere Branche nicht." → Gute IT-Führung ist branchenunabhängig. Die Prozesse sind ähnlich, die Systeme auch. Was zählt: schnelle Auffassungsgabe und die richtigen Fragen.

“Der ist ja bald wieder weg." → Genau das kann ein Vorteil sein. Ein Interim hat keine Karrierepläne im Unternehmen. Er kann unbequeme Wahrheiten aussprechen und unpopuläre Entscheidungen treffen.

“Das Team wird ihn nicht akzeptieren." → Erfahrungsgemäß ist das selten ein Problem. Teams schätzen klare Führung, besonders in Umbruchphasen. Und: Der Interim ist keine Bedrohung für interne Karrieren.

“Wir verlieren Know-how, wenn er geht." → Deshalb gehört Knowledge-Transfer zur Kernaufgabe. Dokumentation, Einarbeitung des Nachfolgers, saubere Übergabe.

Worauf sollten Sie bei der Auswahl achten?

  1. Nachweisbare Erfahrung – nicht nur als IT-Experte, sondern als Führungskraft
  2. Referenzen – mit wem kann man sprechen?
  3. Schnelle Verfügbarkeit – ein Interim, der erst in drei Monaten kann, hilft jetzt nicht
  4. Kulturfit – auch auf Zeit muss die Chemie stimmen
  5. Klare Erwartungen – was soll am Ende erreicht sein?

Mein Fazit nach vielen Interims-Einsätzen

Interims-IT-Leitung ist weder Notnagel noch Allheilmittel. Es ist ein Werkzeug – das richtige für bestimmte Situationen.

Wenn Sie kurzfristig Führung brauchen, ein kritisches Projekt ansteht oder Sie Zeit für die richtige Festanstellung gewinnen wollen: Dann kann ein Interim der beste ROI sein, den Ihre IT je gesehen hat.

Wenn Sie hingegen jemanden suchen, der die nächsten zehn Jahre die IT aufbaut und tief mit dem Unternehmen verwächst: Dann investieren Sie lieber Zeit ins Recruiting.


Stehen Sie vor einer dieser Situationen? Lassen Sie uns sprechen – manchmal hilft ein offenes Gespräch, um die richtige Lösung zu finden. Und manchmal bin ich ehrlich genug zu sagen: “Dafür brauchen Sie keinen Interim.”